Es gibt Zeiten im Leben, da fühlt sich alles schwer an – als würde man mit Gummistiefeln durch nassen Sand stapfen. Und dann gibt es diese Menschen, die trotz der gleichen Stürme erstaunlich aufrecht bleiben. Die lächeln, wo andere verzweifeln. Die weitergehen, auch wenn der Weg holprig wird.
Ich habe lange gedacht, diese Menschen hätten irgendein magisches Talent. Eine Art unsichtbaren Schutzmantel. Aber nein – die Wahrheit ist viel einfacher und gleichzeitig viel kraftvoller: Sie haben Resilienz. Eine innere Superkraft, die wir alle entwickeln können.
Vielleicht kennst du das: ein Rückschlag, eine Krise, eine Veränderung, auf die du nie vorbereitet warst. Und plötzlich stehst du da und fragst dich, wie du das alles jemals schaffen sollst. Genau hier beginnt Resilienz. Nicht als harte Schale, sondern als warme, flexible Stärke – so ähnlich wie ein Bambus, der sich im Sturm biegt, aber nicht bricht.
Was macht einen Menschen resilient?
Wenn ich an resiliente Menschen denke, sehe ich keine Superhelden.
Ich sehe Menschen wie du und ich. Menschen, die zweifeln, die stolpern, die überfordert sind – und trotzdem wieder aufstehen.
Resilienz bedeutet nicht, dass uns nichts trifft.
Es bedeutet, dass wir entscheiden, wie wir damit umgehen.
Und genau hier wird es spannend: Unsere Gedanken spielen die Hauptrolle. Sie entscheiden, ob wir uns als Opfer einer Situation erleben – oder als Gestalter unseres Lebens.
Kennst du diesen Moment, wenn dein Kopf anfängt, die schlimmsten Zukunftsszenarien auszumalen? Ja? Willkommen im Club. Jeder von uns kennt ihn.
Aber manche schaffen es, diese Gedankenspirale zu stoppen. Sie treten einen Schritt zurück, atmen durch und fragen sich:
Was kann ich hier lernen? Was macht mich stärker? Wo liegt die Chance in all dem Chaos?
Das ist Resilienz. Nicht laut. Nicht dramatisch. Eher ein stilles, aber entschlossenes: „Ich schaffe das.“
Im Folgenden möchte ich dir die 7 Säulen der Resilienz ganz kurz vorstellen:
Die Diplom-Psychologin Ursula Nuber entwickelte das Konzept der 7 Säulen der Resilienz auf den Grundlagen der Arbeit der Resilienzforscherin Emmy Werner, die in den 50er Jahren erste Untersuchungen zum Thema Resilienz unternahm.
1. Akzeptanz – Frieden schließen mit dem, was ist
Ein wichtiger Teil dieser inneren Stärke ist Akzeptanz.
Nicht das Aufgeben, sondern das Anerkennen: „Es ist, wie es ist – und von hier aus gehe ich weiter.“
Akzeptanz ist immer dann wichtig, wenn wir mit Situationen klarkommen müssen, die sich nicht mehr ändern lassen: wie zum Beispiel eine schwere Krankheit, oder der Verlust einer geliebten Person.
In so einem Fall öffnet Akzeptanz die Tür dafür, wieder handlungsfähig zu werden.
Ohne sie rennen wir innerlich gegen Wände, verzweifeln, werden verbittert oder krank. Mit ihr öffnen wir Fenster. Fenster in eine neue Zukunft.
2. Die Kraft der Zukunftsphantasie
Was uns hilft, schwierige Zeiten zu überstehen, ist nicht nur ein „ich halte durch“. Es ist der Blick nach vorne. Eine Art innere Landkarte der Zukunft. Frage dich:
Wie will ich leben, wenn diese Krise vorbei ist?
Wie soll sich mein Leben anfühlen?
Welche neue Stärke werde ich gewonnen haben?
Erlaube dir, groß zu träumen! In den schillerndsten Farben, die du finden kannst.
Die Zukunft ist kein Museum – sie ist eine Leinwand. Und du hältst den Pinsel in der Hand.
3. Realistischer Optimismus – der kleine Funke Hoffnung
Optimismus ist nicht naiv.
Optimismus ist mutig.
Es ist die Entscheidung, trotz aller Zweifel einen Funken Hoffnung festzuhalten.
Nicht, weil alles rosig ist, sondern weil du weißt: Ich finde meinen Weg.
Resiliente Menschen glauben an sich selbst. Nicht ständig. Nicht perfekt. Aber immer wieder.
Sie sind überzeugt, dass sie das, was vor ihnen liegt irgendwie bewältigen werden und dass ihr Leben wieder in eine neue Balance finden wird.
4. Verantwortung übernehmen – das Steuer deines Lebens
Ein weiterer Baustein ist die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
Nicht für das, was passiert ist – sondern für das, was du jetzt daraus machst. Warte nicht darauf, dass andere deine Probleme lösen werden. Überlege: was genau kann ICH tun? Was könnte ein erster kleiner Schritt in Richtung Lösung sein? Und dann fang an!
Verantwortung macht nicht schwer.
Sie macht stark.
Sie ist der Moment, in dem du spürst:
„Ich kann gestalten. Ich bin nicht machtlos.“
Es ist der Moment, in dem du Verantwortung übernimmst – für deine Gedanken, deine Entscheidungen, deinen Weg. Und Verantwortung macht stark, auch wenn sie manchmal einschüchternd wirkt.
5. Selbstwirksamkeit – das Gefühl: „Ich schaffe das.“
Vielleicht der wichtigste Resilienzfaktor überhaupt:
das Vertrauen in die eigene Fähigkeit etwas bewirken zu können. Das Gefühl, dass du Einfluss hast. Dass du nicht machtlos bist. Dass du gestalten kannst.
Selbstwirksamkeit ist wie ein leises inneres Flüstern:
„Du hast das schon einmal geschafft. Du schaffst das wieder.“
Es ist die Energie, die dich weitergehen lässt – auch wenn die Welt gerade dunkel wirkt. Erinnere dich an Situationen in deinem Leben, in denen du schon einmal eine schwere Situation gemeistert hast, vielleicht eine geniale Lösungsidee hattest, dann erinnere dich mit all deinen Sinnen an diese Situation und spüre die innere Stärke, die du dadurch entwickelst.
6. Netzwerkorientierung – die Kraft der Verbundenheit
Resiliente Menschen wissen, dass niemand alles allein schaffen muss.
Sie suchen Austausch, Nähe, Unterstützung – und bieten sie anderen an.
Vielleicht kennst du das Gefühl, wenn ein einziger Satz eines Freundes plötzlich Licht in einen dunklen Moment bringt. Wenn eine Umarmung dir Wärme, Kraft und Zuversicht schenkt, oder ein Telefonat dich aus düsterer Stimmung befreit.
Genau das ist Netzwerkorientierung:
Wir tragen uns gegenseitig – und dadurch uns selbst. Das bedeutet natürlich auch: auch du bist für deine Freunde da, wenn es ihnen schlecht geht. Es bedeutet auch: pflege deine Freundschaften auch in Zeiten, in denen alles gut ist.
7. Selbstregulation – Zurück in die eigene Mitte finden
Und dann ist da noch die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen, zu sortieren, die innere Balance zurückzugewinnen.
Nicht durch Wegdrücken, sondern durch bewussten Umgang:
Atmen statt explodieren.
Pause statt Überforderung.
Sortieren statt versinken.
Selbstregulation ist dieser Moment, in dem deine Gedanken wieder klarer werden.
In dem du spürst:
„Jetzt kann ich wieder nach vorne schauen.“
Überlege – was genau kannst du für dich tun? Was beruhigt dich? Was stärkt dich? Und wie kannst du dir selbst etwas Gutes tun?
Wie sieht Resilienz im Alltag aus?
Ganz unspektakulär. Und gleichzeitig lebensverändernd.
- Du nimmst Herausforderungen an, statt ihnen auszuweichen.
- Du suchst Lösungen, statt Schuldige.
- Du baust ein Netzwerk von Menschen auf, die dich tragen.
- Du erlaubst dir Pausen, ohne schlechtes Gewissen.
- Du gehst Schritt für Schritt – selbst wenn der Weg unklar ist.
Resilienz ist Übung. Und ein bisschen Beharrlichkeit.
Und irgendwann wirst du feststellen: Ich halte mehr aus, als ich dachte.
Und jetzt mal ehrlich: Wie willst du leben?
Willst du dein Leben damit verbringen, Gefahren zu erahnen, Worst-Case-Szenarien zu spinnen und innerlich einzuknicken, wenn der Wind auffrischt?
Oder willst du mutig sein, deine Gedanken bewusst lenken, Hoffnung kultivieren, Verantwortung übernehmen, Unterstützung zulassen und deinen eigenen Weg gehen – auch wenn er manchmal unbequem ist?
Resilienz ist kein Geschenk.
Es ist eine Entscheidung.
